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Nachbericht: BDA im Gespräch 13

12. November 2016

Schneller, billiger, mehr!
Brauchen wir andere Planungsprozesse, um die Qualität im Bauen aufrechtzuerhalten?

Gäste:
Gerhard Greiner, Vorstand HHS Planer + Architekten AG, Kassel
Alexander Gumpp, Geschäftsführer Gumpp & Maier GmbH Lösungen für Holz, Binswangen
Michael Ziller, Inhaber zillerplus Architekten und Stadtplaner, München

Moderation:
Frank Kaltenbach, DETAIL

Der aktuelle Bauboom hält nicht nur in der in der Landeshauptstadt oder den Metropolregionen an, er strahlt zunehmend auch in die Region aus.  Projekte wie der Wohnungspakt Bayern oder die Schulbauoffensive 2013-2030 stellen alle am Bau Beteiligten vor immer größere Herausforderungen: Eine immer größere Anzahl von Einheiten soll in immer kürzerer Zeit zu immer günstigeren Kosten erstellt werden und das am besten mit einem immer höheren baulichen und sozialen Standard. Zu der Definition eines höheren Standards gehört inzwischen auch der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen und die damit verbundene Senkung der CO2 Emmissionen, sprich das Bauen mit Holz und Holzwerkstoffen.
Während bei der vorangegangenen Veranstaltung der Reihe »BDA im Gespräch« zu diesem Themenkomplex im Juli diesen Jahres der Schwerpunkt auf der Sinnhaftigkeit von Kostenobergrenzen lag, standen jetzt die Planungs-und Bauprozesse im Focus der zwei Impulsvorträge zu erfolgreichen Bauten mit anschließender Diskussion. »Mit unseren bisherigen Vergabeverfahren sind alle Beteiligten vertraut und sie sind nach wie vor eines der wirksamsten Mittel gegen Korruption«, resümierte Gerhard Greiner, Vorstand von HHS Architekten aus Kassel am Ende der spannenden Diskussion. Doch lässt sich mit der Praxis den jeweils günstigsten Anbieter beauftragen zu müssen das gesamte Potenzial des hochspezialisierten vorgefertigten Holzbaus ausschöpfen?  »Natürlich nicht«, wendete Alexander Gumpp ein. Der Geschäftsführer des Holzbaubetriebs Gumpp und Maier kritisiert als Unternehmer, was auch für Architekten als Planer oft doppelte Arbeit und Mehraufwand bedeutet. »Wenn der Holzbauer als Berater des Architekten sämtliche Details für die Ausschreibung erarbeitet, bei der Vergabe aber nicht berücksichtigt wird, ist das frustrierend«. Für Michael Ziller von zillerplus ist es zunächst unerheblich, ob der Baustoff überwiegend Holz ist, Ziegel oder Beton: »Kleine Architekturbüros können es sich zunehmend weniger leisten, für die öffentliche Hand zu bauen. Das liegt nicht an der Komplexität oder Größe des Bauwerks, sondern an dem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und der Dokumentationspflicht.« Bei seinem Geschosswohnungsbau in Holzbauweise, der als Nachverdichtung im Inneren einer Blockrandbebauung mitten in Schwabing entstanden ist, konnte er durch die frühzeitige Einbindung der Holzbaufirma den Rohbau in nur 8 Wochen erstellen – bei privaten Bauherren sei das möglich. »Dieser Vorfertigungsgrad muss sich dann aber auch beim Trockenbau und den Elektroinstallationen fortsetzen. Bisher dauert der Ausbau um das vielfache länger als der gesamte Holzbau«. Auch beim Aktivhaus in Frankfurt, das Gerhard Greiner vorstellte, konnte der ausführende Holzbauer als Berater noch vor der Rohbauauschreibung ins Team geholt werden, sodass alle für die Holzfassade erforderlichen Anschlüsse sorgfältig in die Planung des Stahlbetontragwerks integriert werden konnten. Auch öffentliche Auftraggeber suchen nach Planungs-Strukturen, die das ermöglichen sollen: Bei der künftigen Bebauung der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne in München, wo 1800 neue Wohnungen entstehen, erfolgt die Ausschreibung der Grundstücke an Konsortien, bei denen Bauherr, Architekt und Holzbaufirma als Team ein Projekt zum Festpreis anbieten.
»Weshalb aber unterscheiden sich eigentlich gerade im Holzbau die Ausführungen so stark von Firma zu Firma?« wollte Gerhard Greiner von Alexander Gumpp wissen. »Wir brauchen im Holzbau mehr standardisierte Lösungen, sodass es für den Bauprozess keine Rolle spielt, wer den Auftrag bekommt, andere Gewerke sind uns da um Jahre voraus«. Hier setzt auch das Forschungsprojekt lean WOOD an, das am Lehrstuhl für Entwerfen und Holzbau der TU München koordiniert wird und dem weitere Hochschulen, Firmen, Architekten und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als Partner beteiligt sind. Einen spannenden Einstieg in die Debatte lieferte Gerhard Greiner mit einem Projekt, das gar nicht aus Holz gebaut ist, aber dennoch einem hohen Standard an Nachhaltigkeit  gerecht wird: Die im Bau befindliche Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete »Kasseler Modell«, für deren Planung sich fünf Architekten in einem Workshop spontan zusammengeschlossen haben, um anstelle einer geplanten Containeranlage 36 Wohnungen in nur wenigen Monaten als Hofhäuser so flexibel zu konzipieren, dass sie in einigen Jahren für sozialen Wohnungsbau mit unterschiedlichsten Wohnungsgrößen und Zuschnitten umgenutzt werden können.

Frank Kaltenbach

Foto: Volker Derlath
Foto: Volker Derlath
v.l.n.r. Gerhard Greiner, Michael Ziller, Alexander Gumpp und Moderator Frank Kaltenbach

 

Foto: Volker Derlath
Foto: Volker Derlath
Michael Ziller, Inhaber zillerplus Architekten und Stadtplaner, München

 

Foto: Volker Derlath
Foto: Volker Derlath
v.l.n.r. Gerhard Greiner, Michael Ziller, Alexander Gumpp und Moderator Frank Kaltenbach

 

Foto: Volker Derlath
Foto: Volker Derlath
Gerhard Greiner, Vorstand HHS Planer + Architekten AG, Kassel

 

Foto: Volker Derlath
Foto: Volker Derlath
v.l.n.r Karlheinz Beer, Landesvorsitzender BDA Bayern mit Gerhard Greiner