Themen

,

Eindrücke: Konferenz zur Stadtbaukunst

31. Mai 2017

Foto: Detlef Podehl
Foto: Detlef Podehl
Veranstaltungsort: Der Muschelsaal in den Düsseldorfer Rheinterrassen

Vom Wohnhaus zur Stadt: Eine Konferenz in Düsseldorf

Auch bei der achten „Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt“ wurde ein aktuelles Thema zwei Tage lang intensiv debattiert: Wie kann aus Wohnhäusern eine Stadt entstehen?

Gäbe es diese 2010 ins Leben gerufenen Konferenzen nicht, man müsste sie erfinden. Es gibt in Deutschland mittlerweile kein prominenter besetztes Forum zur Diskussion von wechselnden Themen der Stadtentwicklung. Jeweils im Frühjahr treffen sich in Düsseldorf die Spitzen von Architektenschaft, Stadtplanung, Forschung und Fachpublizistik zum kontroversen Austausch. Begründet haben die Konferenzen der Architekt Christoph Mäckler und der Architekturhistoriker Wolfgang Sonne, beide Professoren an der TU Dortmund, wo sie das „Deutsche Institut für Stadtbaukunst“ eingerichtet haben. Ausgangspunkt für die Veranstaltungsreihe ist der traurige Befund, dass die Schönheit heutzutage – im Unterschied zu früheren Epochen – beim Weiterbau und Umbau der Städte eine untergeordnete Rolle spielt. Nicht selten wurde Mäckler und Sonne eine nostalgische Hinwendung zur Ästhetik der Gründerzeit vorgeworfen, doch hat nun gerade die achte Düsseldorfer Konferenz gezeigt, dass auch der Reformarchitektur der Zwischenkriegszeit hervorragende städtebauliche Leistungen gelungen sind.
Unter dem Gegensatzpaar „vorne – hinten“ wurden von Wolfgang Sonne die Defizite und Fehler des modernen, zum Dogma erhobenen Wohnbaus aufgelistet: Stadtauflösung durch Zeilenbau, monofunktionale Öde von Siedlungen, Verlust räumlicher Qualitäten durch die Aufgabe der Blockstruktur sowie Aufhebung der Balance von Öffentlichkeit und Privatheit, weil die Häuser eine Differenzierung durch Straßenfassade (vorne) und Hoffassade (hinten) vermissen lassen. Abgesehen davon, dass die Blockstruktur seit 2500 Jahren die historische Grundform städtischen Bauens ist, gibt es auch bei der moderaten Moderne positive Beispiele, etwa die Hamburger Stadterweiterungen von Fritz Schumacher und die Wiener Gemeindebauten. Dabei wurde deutlich, dass nicht zuletzt die betonte Eckausbildung von Gebäuden erheblich zur Qualität von Stadtquartieren beiträgt.
In zahlreichen Vorträgen und Gesprächsrunden wurde erörtert, wie sich unter den heutigen Bedingungen von Wirtschaftlichkeit, Rechtsvorschriften und technischen Vorgaben das Städtische wiedergewinnen ließe. Die Fülle der Aspekte reichte von der Bodenspekulation (an der auch die Städte beteiligt sind) über neue Wohnformen bis hin zu den überzogenen 2 energetischen Anforderungen. Trotz unterschiedlicher Ansichten war man sich in einem Punkt einig: Im Unterschied zur bloßen Siedlung zeichnet sich ein lebendiges Stadtquartier durch gemischte Nutzung aus. Um dies künftig zu erreichen, müssten sich die Interessen der städtischen Gemeinschaft gegenüber den Rendite-Interessen der Investoren durchsetzen – das brandneue Frankfurter Europaviertel diente hier als großes Negativ-Beispiel. Zum Abschluss der Konferenz machte Thomas Will von der TU Dresden einen faszinierenden Vorschlag: Es sollten einmal die Gewinne und Verluste der Architekturmoderne bilanziert werden, um gerade beim Wohnbau zu erkennen, welche positiven Ansätze zeitgenössisch weiterentwickelt werden können.¹

Wolfgang Jean Stock

¹Quelle: Architektur aktuell, Heft 6/2017

Weitere Informationen