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Erhalt der Freikletteranlage an der Thalkirchner Straße

21. Dezember 2021

© Karin Nobs, www.draussen-bouldern.de
© Karin Nobs, www.draussen-bouldern.de
Freikletteranlage an der Thalkirchner Straße in München

In Deutschland werden Gebäude meist abgebrochen, um Platz für Neubauten zu machen und nicht, weil deren potentielle Lebensdauer abgelaufen wäre. Zeitgemäße Nutzungen oder Anforderungen werden Bestandsbauten oft nicht zugetraut. Diese Gewohnheit der Wegwerfgesellschaft wirkt sich im Bauwesen besonders schädlich aus, denn nirgends werden ähnlich große Stoffströme umgesetzt. Die in den Gebäuden enthaltene „Graue Energie“ ist damit verloren und muss durch klima- und ressourcenaufwändige neue Baustoffe ersetzt werden. Unter anderem mit dem Postulat III, „Achtung des Bestands“, aus dem „Haus der Erde“ und mit der Publikation „Sorge um den Bestand“ positioniert sich der BDA gegen dieses kurzfristige Denken.

In München plant aktuell der Deutsche Alpenverein, seine Freikletteranlage in der Thalkirchner Straße abzubrechen, um dort eine neue Boulderhalle zu errichten. Das ist nicht nur vor dem Hintergrund der Selbstverpflichtung des Alpenvereins zur Klimaneutralität bis 2030 erstaunlich. Der Ersatz der Freikletteranlage durch eine temperierte Halle verwundert auch hinsichtlich des Selbstverständnisses des Vereins als Organisation von Alpinisten, entstanden aus der Faszination der Natur und der Bergwelt zu jeder Jahreszeit, für deren Erlebnis es zunächst nicht viel mehr braucht als ein gutes Paar Bergschuhe.

Aus architektonischer Sicht ist der geplante Abbruch der Freikletteranlage von 1989 ein großer Verlust. Nicht nur geht damit eine faszinierende Betonskulptur verloren, die in wohltuendem Kontrast zur Auswechselbarkeit üblicher Kletterwände und deren pragmatisch-bunter Ästhetik steht. Es geht auch ein Zeugnis gelebter Vereinskultur, Aneignung und Partizipation verloren. Denn die Schalungsoberfläche des Betonrelief der Freikletteranlage wurde von Vereinsmitgliedern selbst erarbeitet und teilweise existierenden Felsenreliefs der Alpen nachempfunden. Außerdem war die Anlage für die Entwicklung des Klettersports von besonderer Bedeutung, so dass sich unter vielen anderen Reinhold Messner für ihren Erhalt ausgesprochen hat: „Die Beton-Kletteranlage kenne ich seit ewigen Zeiten. Sie hat nicht nur zur Diskussion künstlicher Kletteranlagen beigetragen, sie ist von historischer Wichtigkeit. Sie zu entsorgen kostet Energie und ist Ressourcenverschwendung. Heute, mit der Problematik von Energieverschwendung sowie Ressourcenverschwendung wäre es besser die Anlage upzucyclen. Also aus der historisch wichtigen Struktur etwas Nachhaltiges zu machen, ohne das Existente zu entsorgen. Hat sich der DAV nicht der Nachhaltigkeit verpflichtet? Es kostet einen Bruchteil einer neuen Struktur, die alte wieder lebendiger zu gestalten.“

Trotz seiner Bedeutung und seiner Einzigartigkeit wurde die Freikletteranlage mit Verweis auf das zu geringe Alter nicht in die Denkmalliste aufgenommen.

BDA Bayern