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Nachbericht: 25 Jahre Allgäu Haus – und jetzt? ‚Bauen am Land‘

9. November 2023

Trägt das Bauen im Allgäu eigene Züge? Das fragte vor 25 Jahren ein Wettbewerb auf Initiative des Rotis Forum ArchitektInnen der Region. Mehrtägige Workshops brachten regionale Gebäudetypologien des Wohnens hervor, genannt Allgäu HausUnd jetzt? Was ist davon geblieben? Ist die Frage nach dem Haus noch aktuell? Welche Fragen bewegen uns heute vorrangig? Ist denn die Region für das Bauen relevant? Wie gelingt ein Ideenaustausch – von hier aus?

Diesen Fragen stellten sich am 20.10.2023 die Initiatoren des BDA Schwaben zusammen mit Gastgeber Florian Aicher (Rotis), mit Vorträgen von Gion A. Caminada (Vrin, Schweiz), Dr. Anika Gründer (Bedheim) sowie Angelika Blüml (Oberstdorf) bei einem halbtägigen Symposium in der Rotisserie in Rotis.

In familiärer Atmosphäre traf sich ein zahlreich erschienenes Publikum im Alter von 2–92 Jahren. Neugier wurde geweckt. Mit einem Rückblick zum Thema von Florian Aicher, der damals bewusst junge Büros eingeladen hatte, um zu vermeiden, dass es „kein Wettbewerb wird, wo die Juroren wie Halbgötter in Schwarz einschweben und danach wieder verschwinden“.

Mit einem Einblick in prägende, regionale Gebäudetypologien in Oberstdorf wies Angelika Blüml auf vorhandene Qualitäten historischer Dorfstrukturen hin. 1998 war ihr Büro Noichl&Blüml Architekten unter den Gewinnern des Ideen-Wettbewerbs. Umgesetzt haben sie bis heute rund ein Dutzend. Keines gleicht dem anderen, aber die gewonnenen Werte der Studie von damals sind geblieben. Voralpines Baumaterial, sparsam im Unterhalt, logisches Raumkonzept ohne Keller, dafür mit Schopf – idealerweise als Grenzbebauung.

Anhand Ihrer Wohn- und Wirkungsstätte auf Schloss Bedheim in Thüringen erläutert Dr. Anika Gründer, wie wichtig die soziale Komponente für ortsbezogenes Bauen ist. Ihre Herangehensweise: zeitgleiches Planen und Experimentieren mit regionalen Rohstoffen. Aktuell mit Hanf-Putz, in all seiner Konsequenz, vom Anbau bis zur Verarbeitung. Hier wird selbst Hand anlegt, wie beim Bau der Remise – einem Gästehaus auf dem Schlossgelände. So sucht Studio Gründer Kirfel gemeinsam mit Handwerken und Studenten nach Lösungen jenseits von Standards.

Charismatisch nahm uns Gion A. Caminada in seiner Expertise über die Landesgrenzen hinaus mit nach Graubünden (CH). Anhand vieler, über Jahre entstandener Projekte in seinem Heimatort Vrin macht er deutlich, wie entscheidend die Nähe zum Einzelnen ist. Die Wahrnehmung der Menschen in ihrer Umgebung, von Architektur in der Landschaft. In Vrin ist allen Häuser anzusehen, was sie sind. Es ist keine Beschilderung erforderlich, die Nutzung ist selbsterklärend. Unerwartet anders wirkt sein jüngstes Projekt in Pontresina, ein Hotel in monumentaler Bauweise, das jetzt im Dezember eröffnet.

Höhepunkt des Symposiums, war die Gesprächsrunde unter Moderation von Olaf Gisbertz. Jetzt war auch das Publikum herzlich eingeladen mit in den Kreis nach vorne zu kommen und die Relevanz einer sensiblen Auseinandersetzung von Bauen am Land zu diskutieren. Beiträge aus Immenstadt im Allgäu, Stuttgart, Vorarlberg sowie von Bürgermeisterin Susanne Fischer aus Kirchheim in Schwaben folgten. Identität des Ortes, Bauleitplanung, Städtebau, Wohnungsbau, Umnutzen, Weiternutzen – bekannte Begrifflichkeit wurden angesprochen. Bei einem Punkt waren sich alle einig: letztlich geht es darum, mit allen Beteiligten ein Gespür für den jeweiligen Ort zu entwickeln. Viele Inhalte wurden auf den Weg gebracht, die weiter vertieft werden sollten.

Unser Tagesziel, mit einem offenen und lockeren Veranstaltungsformat, sitzend auf Bierbänken, mit anregenden Vorträgen, Kulinarik und Ausklang am Abend, einen Ideenaustausch unter allen Gästen anzuregen, haben wir erreicht. Es wurde bereits mehrfach um Fortsetzung gebeten. Wir möchten uns gerne weiter vernetzen, auf fachlicher und kommunaler Ebene, mit Gemeindevertreterinnen, interessierten und engagierten Menschen im Sinn der Baukultur und freuen uns über weitere Rückmeldungen unter veranstaltung@bda-schwaben.de – meldet Euch mit Euren Themen, vielleicht ist es das nächste?

Und nun heißt es: Film ab!  Für alle, die es nicht nach Rotis geschafft haben, wurde die Veranstaltung aufgezeichnet! Für einen begrenzten Zeitraum im Netz eingestellt und in voller Länge zu sehen in Teil 1 (Florian Aicher, Angelika Blüml, Anika Gründer) und Teil 2 (Gion A. Caminada mit Gesprächsrunde).

Herzlichen Dank an Florian Aicher, für die Gastfreundschaft und den Anlass, allen ehrenamtlichen HelferInnen, an unsere vortragsstarke Gäste Angelika, Anika und Gion, sowie an 150 BesucherInnen – wir sind begeistert über diese Resonanz! 

Ein besonderer Dank gilt unseren Kooperationspartnern architekturforum allgäu, Treffpunkt Architektur Schwaben der Bayerischen Architektenkammer (TAS) sowie unseren BDA-KollegInnen Anja Spillner und Martin Kopp für die Veranstaltungsorganisation.